Auf dem Flohmarkt in Macinaggio, Korsika habe ich dies beiden Illustrationen gefunden.

Oben links auf der ersten Zeichnung steht: „Le nouage rose“. Weder der Titel noch der Name Aurore Dupin kannte ich. Die virtuosität des Strichs der Ping-Pong spielenden Frau auf dem Bild, überzeugte mich, so dass ich  die zwei Bilder von 15 x 33 cm spontan kaufte. Verstaubt, vergilbt und verdreckt sind die beiden mit Tempera und Bleistift auf Papier skizzierten Bilder. Mit Klebeband sind die beiden Bilder hinter Glas aufgezogen. Sowohl das Klebeband, als auch die gesamte ramponierte Erscheinung deuten auf ein älteres Datum hin.

Aurore Dupin – Baronne Dudevant“ und „le nouage rose“ bei Google eingegeben und die Antwort liegt auf dem Desk: Es handelt sich hier um eine Gutenachtgeschichte von George Sand, welche Sie im Jahre 1872 an ihre Enkelin schrieb.

Catherine, die Protagonistin der Geschichte, hat drei Schafe, welche je ein Junges haben. Ein junges Schäflein ist ausserordentlich klein und darum wird es von Catherine besonders verhätschelt und geliebt. Aber die Mutter möchte diese Missgeburt (ce maudit animal, ce pele, ce galeux d’ou venait tout le mal = dieses verdammte Tier, dieser Räude, von welchem alles Schlechte kam), die mehr an einen Hasen als an ein Schaf erinnert, töten. Denn das Schäflein fürt Catherine direkt zur Unheil bringenden Rosa Wolke.

Das Schriftband unter der ersten Zeichnung enthält den Text“visitez Berry“, der Wohnort von George Sand, Nohant-Vic au sud du Berry .

Doch die Geschichte der Rosa Wolke erkenne ich nur im ersten Bild und dann gegen den Schluss, als die Sonne mit dem Mond ein Rendez-vous hat, der Mond aber nicht kommt. Der Zeichner führt zwar die blonde Figur mit dem roten Kleid durch alle einzelnen Zeichnungen. Aber ich kann mir keinen Reim auf das Ganze machen. Wird hier das Leben von George Sand illustriert? Leider passt dies aus einem augenfälligen Grund nicht, George Sand kleidete sich als Mann, nicht aus feministischen Gründen, vielmehr, damit sie sich in der Männerwelt unbemerkter bewegen kann. Auch die Mode, welche die Figuren tragen, stellt dies in Frage. Die Zeichnungen scheinen eher nur knapp siebzig bis achtzig Jahre alt zu sein, Frankreich der 40-er Jahre?

Die Geschichte lässt sich vielleicht so interpretieren: die Frau im roten Kleid ist doch George Sand, aber es ist ein Entwurf für ein Storyboard über Sand.

Die Frau schreibt mit den Füssen in einem Bottich und auf einer Schreibmaschine. Sherlock Holmes muss angehalten werden. Die Frau reist nach Hollywood.

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Dann kehrt sie offenbar wieder zurück und hat eine Tasse Tee an der Rue d’Olmon, in La Châtre – heute ist dort eine George Sand Schule.

Dann kommt eine blonde Puppe ins Spiel. Man geht ins Kino. Voltaire wird zitiert:

L’amitié d’un grand homme est un bienfait des dieux.

Es wird Ping-Pong gespielt. An einer Abendunterhaltung wird ausgelassen getanzt. Eine rote Scheibe und der Text CHAOS verweist auf das Bevorstehende?

Le soleil a rendez-vous avec la lune. Mais la lune n’y est pas …

Und dann ist da der Heimweg gezeichnet. Gehen wir nach rechts? Oder nach links … oder nehmen wir den Bus?

Als Autor wird auf dem ersten Blatt einen MONSIEUR RAMIN, de Karpurthala genannt. „Dessins d’un auteur inconnu“ wird vermerkt – schade!

Ich deute meinen gefunden Schatz und merke: es ist wunderbar eine gezeichnete Geschichte in den Händen zu haben und einzutauchen – diese zu entschlüsseln. Ich habe mit diesen Zeichnungen ein Geheimnis gefunden, ähnlich wie Catherine mit der Rosa Wolke eines gefunden hat.

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George, die Frau in Hosen

George Sand war eine aus einfachen Verhältnissen stammende, sozial engagierte und feministische Vielschreiberin. Dass sie in Hosen herum ging, wurde damals ebenso empört wahr genommen, wie ihr Liebesleben. Sand war eine Frau, die es nicht dulden wollte, dass sie anders als die Männer um sie herum wahrgenommen wird. Ihre Männerkleider trug sie nicht als Manifest – eher als Tarnung: sie war voll Frau! Frederic Chopin war nur einer ihrer zahlreichen Geliebten – auch Frauen waren darunter. 1848 engagierte sie sich als Verantwortliche für das offizielle Organ der neuen Regierung, das „Bulletin de la Republique“. Doch die politische Situation wurde ihr als Sozialistin aber persönliche Freundin von Napoléon Bonaparte nach dessen Kaiserkrönung  zu gefährlich, so dass sie sich ins Private zurückzog. Der innige Briefwechsel mit Gustave Flaubert pflegt sie bis an ihr Lebensende.

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Titre : Contes d’une grand’mère:
Le chateau de Pictordu, La reine Coax, Le nuage rose, Les ailes de courage
par George Sand (1804-1876)

 

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